Epigenetik beeinflussen: Mit Achtsamkeit, Sport & Ernährung

Epigenetik beeinflussen

Unsere Gene bestimmen nicht einfach über uns. Tatsächlich zeigt die Forschung im Bereich der Epigenetik, dass wir einen gewissen Einfluss darauf haben, welche Gene aktiv sind und welche nicht. Wie wir leben, was wir essen und wie wir uns fühlen, kann die Epigenetik beeinflussen und somit steuern, welche genetischen Informationen “anspringen” und welche “stumm” bleiben.

Dabei ist die Ernährung genauso wichtig wie regelmäßiger Sport und das Wohlbefinden unserer Gefühle. Lies weiter, um mehr darüber zu erfahren!

Epigenetik – was ist das?

Jede Zelle unseres Körpers enthält den Code des Lebens – die DNA, welche wie ein Wollknäuel aufgewickelt im Zellkern liegt. Unabhängig davon, ob es sich um eine Hautzelle, eine Gehirnzelle oder eine Fettzelle handelt, enthält der Zellkern stets die gleichen Informationen. 

Da je nach Zelltyp nicht alle Gene gleichermaßen aktiv sein müssen, steuert unser Körper die Aktivität der Gene. In jeder Zelle unseres Körpers ist demnach nur ein kleiner Teil der Gene “eingeschaltet“, der Rest ist inaktiv.

Der Forschungsbereich der Epigenetik beschäftigt sich mit solchen Veränderungen der Genaktivität, konkreter ausgedrückt mit den Mechanismen der Genregulation. 

Diese Mechanismen werden durch verschiedenste Faktoren beeinflusst – unter anderem durch Ernährung, regelmäßige sportliche Betätigung, aber auch durch Stress und emotionale Belastungen.

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Mechanismen der Genregulation im Überblick

Damit in einer Zelle nur die Gene aktiv sind, welche sie benötigt, um ihre Funktion zu erfüllen, laufen im Körper verschiedene Mechanismen ab. Diese sorgen entweder für eine Aktivierung oder für eine Stummschaltung der jeweiligen Gene.

  • Methylierung: Erfolgt eine Genregulation mithilfe spezieller Signalmoleküle, der sogenannten Methylgruppe, wird dieser Vorgang als Methylierung bezeichnet. Sobald diese Signalmoleküle an den DNA-Baustein Cytosin gebunden werden, “verkleben” die Gene und können nicht mehr ausgelesen werden – sie bleiben inaktiv.
  • Acetylierung: Gene können außerdem inaktiv werden, indem der DNA-Faden um sogenannte Histon-Proteine gewickelt wird. Nur die benötigten Genabschnitte werden freigelegt und das entsprechende Gen aktiviert.
  • microRNAs: Eine weitere Möglichkeit der Genregulation bieten die sogenannten microRNAs – winzige RNA-Stücke, welche die Produktion bestimmter Proteine hemmen und Kopien der DNA auf diese Weise unbrauchbar machen.

Beispiel 1: Schildpattkatzen

Schildpattkatzen weisen eine rot-schwarze Fellzeichnung auf – benannt nach dem Muster von Schildkrötenpanzern. Das Besondere: Diese Tiere sind fast immer Weibchen, nur rund ein halbes Prozent aller Katzen mit Schildpattmuster sind Kater. 

Das liegt daran, dass das Gen für diese Fellfarbe auf dem X-Chromosom liegt. In der Embryonalphase wird in jeder Zelle eines der beiden X-Chromosome deaktiviert, und allein der Zufall bestimmt, welches ausgeschaltet wird.

In den Hautzellen der Katze ist also entweder das Gen für schwarzes Fell oder für rotes Fell aktiv. Das Ergebnis ist ein rot-schwarzes Fellmuster, das bei jeder Schildpattkatze absolut einzigartig ist.

Beispiel 2: Bienen

Wenn Du Dich schon einmal mit Bienen auseinandergesetzt hast, weißt Du vielleicht, dass alle Bienen das gleiche Genmaterial aufweisen. Ob aus einer Biene eine Arbeiterin oder eine Königin wird, entscheidet allein die Art des Futters:

  • Erhält eine Biene ein Gemisch aus Honig und Pollen, werden die Gene, welche für die Fortpflanzung erforderlich sind, methyliert und somit deaktiviert. Die Biene entwickelt sich zu einer sterilen Arbeiterin.
  • Erhält eine Biene Gelee Royal, werden dadurch genau die Gene aktiviert, welche für die Fruchtbarkeit verantwortlich sind. Die Biene entwickelt sich zur geschlechtsreifen Königin und legt Eier.

Für die Biene gilt also: Du bist, was Du isst! Und genau dieses Sprichwort lässt sich in gewissem Rahmen auch auf den Menschen übertragen. Dazu später mehr.

Epigenetik bei Bienen

Sind Veränderungen an der Genaktivität vererbbar?

Die Forschung hat gezeigt, dass Veränderungen der Genaktivität vererbbar sind – über eine und manchmal sogar über mehrere Generationen hinweg. Das liegt daran, dass nicht nur die in den Genen gespeicherten Informationen vererbt werden, sondern auch die bereits vorhandenen Methylierungen und Acetylierungen.

Ein Beispiel: Söhne von Vätern, die in ihrer Pubertät zu viel aßen und übergewichtig waren, haben ein höheres Risiko für Diabetes. Bei Töchtern besteht dieser Zusammenhang nicht, was dafür spricht, dass die entsprechenden Markierungen auf dem Y-Chromosom liegen.

Die Auswertung von Krankheitsakten zeigte außerdem, dass Kinder von Müttern, welche während des Zweiten Weltkrieges oder danach über einen längeren Zeitraum Hunger leiden mussten, ein erhöhtes Risiko für Diabetes hatten. Der Grund für diese Anfälligkeit sind Genregulationen, die von den Müttern auf ihre Kinder vererbt wurden.

Das funktioniert so: Die Zellen in unserem Körper werden ständig erneuert. Bei dieser Zellteilung entstehen aus einer Zelle zwei identische Tochterzellen. Dabei wird nicht nur die in den Genen gespeicherten Informationen weitergegeben, sondern auch die epigenetischen Merkmale, welche über die Aktivität oder Inaktivität der Gene entscheiden.

Die Genregulierung als Bestätigung von Lamarcks Theorien

Charles Darwin stellte Mitte des 19. Jahrhunderts die Theorie der natürlichen Selektion auf und veränderte dadurch die Welt der Wissenschaft. Bereits 50 Jahre zuvor, genauer gesagt im Jahr 1809, äußerte Jean-Baptist Lamarck die Vermutung, dass auch umweltbedingte Anpassungen an die nächste Generation weitergegeben werden. 

Damals wurde er dafür belächelt – heute wissen wir jedoch, dass seine Theorie zumindest nicht ganz abwegig war.

Denn: Die moderne Forschung zeigt, dass Genmarkierungen (aktiv/inaktiv) selbst über mehrere Generationen vererbbar sind. Auch bestimmte Erfahrungen und Verhaltensweisen bewirken Veränderungen an der Genaktivität, die an die Nachkommen weitergegeben werden können. 

Dies konnte an Mäusen bewiesen werden: Mäusebabys, welche vernachlässigt wurden, sind häufig auffallend schwächlich und lethargisch. Diese Symptome wurden ganz oder teilweise an die folgende Generation weitergegeben.

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Welche Faktoren beeinflussen die Epigenetik

Fakt ist: An der DNA-Sequenz unserer Gene können wir nichts ändern. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir unserem genetischen Bauplan machtlos ausgeliefert sind. 

Im Gegenteil: Unser Verhalten und unsere alltäglichen Lebensgewohnheiten bieten jede Menge Stellschrauben, mit denen wir die Aktivität unserer Gene im Positiven beeinflussen können. 

Das erklärt auch, warum eineiige Zwillinge, deren genetischer Code absolut identisch ist, im Laufe ihres Lebens verschiedene Krankheiten und Beschwerdebilder entwickeln können – in Abhängigkeit von ihrem individuellen Lebenswandel.

Ernährung

Eine der wichtigsten und effektivsten Stellschrauben im Hinblick auf Genregulierung ist die Ernährung. Der Reduzierung von oxidativem Stress kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. 

Oxidativer Stress entsteht durch freie Radikale, das heißt durch aggressive Sauerstoffverbindungen, welche wichtige Zellstrukturen angreifen, unter anderem auch die DNA.

Wenn Du Deinem Körper ausreichend Antioxidantien zuführen möchtest, solltest Du bei Deiner Ernährung auf folgende Bausteine achten:

  • viel Gemüse
  • gesunde Öle und Fette
  • Nüsse und Samen
  • Obst in Maßen (hoher Anteil an Fruktose!)
  • auf künstliche Süßstoffe verzichten

Wir empfehlen Dir außerdem, regelmäßig Kurkuma in Deinen Speiseplan zu integrieren, denn das enthaltene Curcumin kann die Acetylierung wichtiger Histone hemmen. Brokkoli, grüner Tee und Knoblauch sind ebenfalls wertvolle Bestandteile einer ausgewogenen Ernährung. 

Grüner Tee enthält den sekundären Pflanzenstoff EGCG, dem krebshemmende Eigenschaften zugeschrieben werden. Gleiches gilt für Diallyldisulfid im Knoblauch und Sulfarophan im Brokkoli.

Nicht zuletzt solltest Du auf eine darmfreundliche Ernährung achten und Lebensmittel bevorzugen, welche das Mikrobiom stärken. Denn: Die “guten” Darmbakterien produzieren Substanzen, welche sich positiv auf die Genregulation auswirken – und ganz nebenbei sind sie auch noch entzündungshemmend.

Ernährung kann die Epigenetik beeinflussen

Die besondere Rolle der B-Vitamine

B-Vitamine spielen eine wichtige Rolle in der epigenetischen Regulation. Beispielsweise sind die Vitamine B3 (Niacin), B5 (Pantothensäure) und Biotin an der Modifikation von Histonen beteiligt. 

Folsäure und Vitamin B12 fördern eine Abschaltung bestimmter Gene – ein Grund, weshalb Schwangere auf eine ausreichende Versorgung mit Folsäure achten sollten. Wenn Du sicherstellen möchtest, dass Dein Körper ausreichend B-Vitamine erhält, iss regelmäßig grünes Blattgemüse wie Brokkoli, Grünkohl, Spinat und Rosenkohl. 

Stehen diese Gemüsesorten gar nicht oder nur selten auf Deinem Speiseplan, kann eine Einnahme eines Vitamin-B-Komplexes in Kapselform sinnvoll sein – am besten sprichst Du darüber aber zuerst mit Deinem Hausarzt.

Stressmanagement

Neben der Ernährung gibt es noch weitere Stellschrauben, welche Du kennen solltest, wenn Du Dich mit dem Thema Genregulation beschäftigst. Eine ist das Stressmanagement. Akuter Stress, der nur von kurzer Dauer ist, kann sich positiv auf unser Immunsystem auswirken und sogar unsere Denkleistung fördern.

Hält der Stress länger an, handelt es sich um chronischen Stress – und dieser kann die Aktivität eines wichtigen Gens hemmen. Dieses Gen trägt die Bezeichnung BDNF, was für “Brain-derived neurotrophic factor” steht. Es handelt sich hierbei um ein Gen, das für die reibungslose Funktion der Nervenzellen essenziell ist.

Mit folgenden Maßnahmen und Gewohnheiten kannst Du chronischem Stress entgegenwirken:

  • regelmäßige Auszeiten vom Alltag
  • Meditation
  • Yoga
  • Sport
  • Hobbys pflegen
  • soziale Kontakte pflegen
  • Musik hören

Auch maßvoller Koffeinkonsum kann Stress mindern. Gegen eine Tasse Kaffee am Nachmittag ist also nichts einzuwenden – vor allem dann nicht, wenn Du Dir dazu bewusst eine Auszeit nimmst und jeden einzelnen Schluck in vollen Zügen genießt.

Nikotin- und Alkoholverzicht

Während Koffein in Maßen erlaubt ist, können Alkohol und Nikotin die Genregulation negativ beeinflussen. Alkohol hemmt die Methylierung, was zu Leberschäden führen kann. Tabakgifte stören die Anlagerung der Methylgruppe. Dadurch erhöht sich die Menge des Zielproteins, was langfristig mit einem höheren Tumorrisiko einhergeht.

Bewegung

Sportlich-aktive Menschen weisen eine andere epigenetische Codierung auf als solche mit weniger Bewegung. 

Somit sind die Gensequenzen, welche für den Muskelaufbau, die Energiegewinnung und den Schutz vor freien Radikalen zuständig sind, bei sportlichen Personen besser lesbar – was unter anderem erklärt, warum Sport einen Beitrag zum Schutz vor verschiedenen Krankheiten leistet.

Das Risiko für Diabetes ist bei sportlichen Menschen ebenso reduziert wie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dabei gilt: Es ist nie zu spät, aktiver zu leben, denn die positiven Auswirkungen lassen sich ganz unabhängig vom Alter beobachten.

Bewegung kann die Epigenetik beeinflussen

Bei welchen Krankheiten/Beschwerden kann Epigenetik vorbeugen oder helfen?

Epigenetik bei Depression

Die Forschung zeigt, dass die Genaktivität bei Personen mit Depressionen oder Angststörungen verändert ist. Dies gilt beispielsweise für die Enzyme HDAC und HMT, die für die Acetylierung und Methylierung von Histonen verantwortlich sind. 

Das wiederum hat Auswirkungen auf das seelische Wohlbefinden – eine Erkenntnis, welche den Weg zu neuartigen Antidepressiva geebnet hat.

Posttraumatische Belastungsstörungen

Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann noch Jahre nach dem traumatischen Erlebnis auftreten. Typische Symptome sind Schlaflosigkeit, nervöse Unruhe und sogenannte Flashbacks, bei denen das Trauma immer wieder durchlebt wird. 

Eine posttraumatische Belastungsstörung erhöht das Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und chronische Lungenerkrankungen.

Außerdem fanden Forscher des Max-Planck-Instituts heraus, dass sich das Trauma auf eben die Gene auswirkt, welche für die Regulierung des Immunsystems zuständig sind. Dies erklärt, warum traumatische Ereignisse in der Regel für die Gesundheit nicht folgenlos bleiben.

Epigenetik beeinflussen: Fazit

Ob durch ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung oder ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit: Es gibt viele Möglichkeiten, positiv auf die eigene Genregulierung einzuwirken und die Epigenetik zu beeinflussen

Durch diese Anstrengungen können nicht nur viele Krankheiten vermieden werden, sondern wir fühlen uns auch insgesamt besser, wenn wir unserem Körper helfen, die richtigen Gene zu aktivieren.

Dr. med. Manuel Burzler, Mitgründer von HealVersity, ist ein Pionier im Bereich der funktionellen Medizin und Epigenetik. Seit der Gründung im Jahr 2020 setzt er seine umfassenden Kenntnisse ein, um HealVersity an die Spitze der innovativen Gesundheitsbranche zu führen.

Unter seiner Leitung hat das Unternehmen nicht nur eine führende Rolle in der Entwicklung von Konzepten für Epigenetik-Coachings eingenommen, sondern bietet auch die erste zertifizierte Fortbildung in diesem Bereich an.

Er verbindet in seiner Arbeit Persönlichkeitsentwicklung mit medizinischer Expertise, um neue Wege für das Wohlbefinden der Menschen zu schaffen.

Dr. med. Manuel Burzler | Epigenetik-Coach
Dr. med. Manuel Burzler
Med. Experte für funktionelle Medizin & Epigenetik
Ausbilder und Gründer
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