Epigenetik Krebs: Ein Schlüsselfaktor in der Forschung und Therapie
Während sich die Genetik mit der Erbsubstanz DNA auseinandersetzt, geht es bei der Epigenetik um zusätzliche codierte Informationen.
Im Fokus steht das Bestimmen des Aktivitätszustands von Genen. Moleküle fungieren dabei als spezielle Markierungen. Sie hängen zum Beispiel als chemische Moleküle an der DNA, Bildungseiweißen oder auch an der DNA selbst.
Sie verhindern unter anderem das Ablesen bestimmter DNA-Abschnitte. Einzelne DNA-Regionen können dadurch bestimmten Muster zugeordnet werden, die alle epigenetisch ausgerichteten Markierungen gemeinsam abbilden.
Die Wissenschaft vermutet, dass diese Informationen in unterschiedlicher Art und Weise an folgende Generationen vererbt werden.
Gerade Umwelteinflüsse können epigenetisch bedingte Mechanismen beeinflussen
Die jeweils identifizierten Mechanismen lassen sich dabei in unterschiedlicher Ausprägung von Umwelteinflüssen beeinflussen.
Somit können Benzol oder zum Beispiel auch Bisphenol A und andere hormonaktive Chemikalien das vorliegende Grundmuster verändern. Dadurch kommt es zu fehlerhaften Markierungen, was sich durch eine hohe Anzahl negativer Auswirkungen widerspiegelt.
Somit sind sie etwa an der Entstehung von angeborenen Fehlbildungen und an der Entwicklung von Krebs beteiligt.
Die Epigenetik liefert Wissenschaftlern und Medizinern somit eine Erklärung, wie der Aktivitätszustand von Genen durch Umweltfaktoren verändert und diese veränderten Informationen an die jeweils nächste Generation weitergegeben werden können.
Conrad Waddington gilt als Begründer der epigenetischen Sichtweise
Ursprünglich entstammt der Begriff dem griechischen Sprachraum. Er lässt sich wörtlich als “zusätzlich zur Genetik” übersetzen. Conrad Waddington nutzte im Jahr 1942 erstmals diese Begrifflichkeit im Kontext seiner Untersuchung der kausalen Wechselwirkungen, die den Phänotyp (Menge aller Merkmale eines Organismus) hervorbringen.
Im Laufe der Zeit wurde diese Vorstellung immer weiterentwickelt. In der heute gültigen Definition wird der Begriff vorzugsweise verwendet, um vererbbare, nicht auf einer Änderung der DNA-Sequenz basierende Genomfunktion-Veränderungen zu beschreiben.
Epigenetik Krebs – welchen Zusammenhang gibt es?
Eine Krebserkrankung entsteht auf vielen verschiedenen Wegen. In vielen Fällen verursachen genetische Modifikationen die Entstehung von Tumoren.
Aber auch Umwelteinflüsse und weitere Faktoren tragen dazu bei, dass Krebszellen aus eigentlich gesunden Zellen entstehen. Mit den hierfür verantwortlichen Prozessen beschäftigt sich diese Disziplin.
Als ein hochdynamisches Forschungsgebiet nimmt sie eine Schlüsselrolle in der Krebsforschung ein. Veränderte Modifikationen bringen die gesamte Genregulation durcheinander. Genau an dieser Stelle setzen Mediziner mit neuen, auf epigenetischen Erkenntnissen basierenden Wirkstoffen an.
Nachweis: Krebserkrankungen können auch durch ein Epigenom ausgelöst werden
Einen diesbezüglich hohen Stellenwert nimmt dabei die Entdeckung der Genetiker Andrew Feinberg und Bert Vogelstein ein. Anfang der 1980er-Jahre entdeckten die damals an der Johns Hopkins University in Baltimore (USA) tätigen Genetiker, dass auffallend wenige Methylgruppen an die DNA von Krebszellen anhaften.
Diese Beobachtungen brachten die ersten wirklichen Nachweise, dass Krebserkrankungen auch durch ein Epigenom ausgelöst werden können.
Ein Epigenom bezeichnet dabei die Gesamtheit chemischer DNA-Veränderungen und der involvierten Verpackungsproteine, die einen mitbestimmenden Faktor für die im Zellkern bestehende dreidimensionale Struktur der Chromosomen darstellen.
Neue Übersichtsarbeit untermauert die bisherigen Ergebnisse
Professor Mark A. Dawson erhärtete die Ergebnisse der beiden Genetiker dann im Rahmen einer neuen Übersichtsarbeit. Demnach hängen Enzyme, eine Art chemischer Marker an die DNA. Hierbei kann es sich zum Beispiel um Methylgruppen handeln. Dies gilt auch für die bezeichneten Histone, also die Verpackungsproteine der Erbsubstanz.
Durch das Anheften von Methyl-, Azetyl- oder Phosphatgruppen verändert sich dadurch die Bindung zwischen Histonen und DNA, was wiederum die Chromosomen-Abschnitte auflockert oder verdichtet. Das hat einen großen Einfluss auf die Genexpression. Denn eine Zelle liest nur dann bestimmte Erbfaktoren ab, wenn diese auch tatsächlich zugänglich sind.
Steigt das Lungenkrebsrisiko durch epigenetische Veränderungen?
Derzeit wird besonders intensiv untersucht, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen epigenetischen Veränderungen und einem erhöhten Lungenkrebsrisiko besteht.
In Deutschland befasst sich zum Beispiel Prof. Dr. Christoph Plass (Deutsches Krebsforschungszentrum) intensiv mit dieser Thematik.
Bereits vor einigen Jahren konnte der international renommierte Professor gemeinsam mit Kollegen an der Ohio State University in Columbus (USA) beweisen, dass sich das Krebsrisiko durch veränderte Methylierungsmuster erhöht. Der Vorgang kann sogar als Auslöser für Krebs fungieren.
Blutkrebs – übermäßige Methylierung schaltet das kritische Gen aus
Forschungsgrundlage bildeten damals epigenetisch bedingte Auffälligkeiten bei Patienten mit chronischer lymphatischen Leukämie (CLL). Dabei entdeckte er ein Gen namens “DAPK1“, das eine typische Veränderungsform darstellt.
Vor den Untersuchungen an der Ohio State University in Columbus galt dieses Gen bis dahin als völlig unauffällig im Zusammenhang mit CLL.
Denn Forschung und Wissenschaft hatten zuvor keine Mutation gefunden. Im Rahmen der Untersuchungen in Columbus gelang ihm der Nachweis, dass eine übermäßige Methylierung das Gen in den Blutkrebs-Patienten ausschaltet. Durch diesen Vorgang vermehrt sich eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen nahezu ungebremst.
Auf der Suche nach den molekularbiologischen Mechanismen
Das DAPK1-Gen und seine Veränderungen sind dabei von größter Bedeutung. Denn dieses veränderte Gen macht den Zusammenhang zwischen Krebs und Epigenetik besonders deutlich. Aktueller Untersuchungsgegenstand sind diesbezüglich jetzt die molekularbiologischen Mechanismen, die dahinterstecken.
Außerdem fahnden Wissenschaftler, Forscher und Mediziner nach weiteren Veränderungen dieser Art, die an der Entstehung und Entwicklung von Krebs beteiligt sein könnten. Sie alle hoffen, epigenetisch bedingte Merkmale zu identifizieren, die für eine bestimmte Krebsart und den jeweils unterschiedlichen Verlauf typisch sind.
Durch die Gen-Identifizierung lassen sich Krebstherapien optimieren
Werden diese Merkmale identifiziert, lassen sich zum einen voraussichtliche Krankheitsverläufe fallspezifisch vorhersagen. Zum anderen erkennen Ärzte anhand der jeweiligen Merkmale, welche Therapie bei welchem Patienten den größtmöglichen Erfolg verspricht.
Die Wissenschaftler gehen zudem davon aus, dass sie mithilfe identifizierter Veränderungen auch die verschiedenen Krebserkrankungen besser verstehen. Bisher ist nur klar, dass epigenetische Modifikationen im Zusammenhang mit Krebserkrankungen eine überaus wichtige Rolle einnehmen.
Denn diese Veränderungen sorgen eben dafür, dass das Erbgut punktuell falsch beziehungsweise verfälscht abgelesen wird. Als besonders kritisch gelten dabei die Gene, die den Tod respektive das Wachstum von Zellen regulieren und steuern.
Neue Grundlagen für künftige Therapien bei Krebserkrankungen
Wissenschaftler und Forscher des Helmholtz Zentrums München fokussieren sich hier explizit um das Protein UHRF1 (Ubiquitin Like With PHD And Ring Finger Domains 1). Eine umfassende Analyse des enzymatischen UHRF1-Mechanismus macht hier deutlich, dass die UBL-Domäne eine neue Rolle bei der DNA-Methylierung einnimmt.
Da die involvierten Forscher und Wissenschaftler auch zum Beispiel bei Lungen- und Darmkrebs erhöhte Mengen an UHRF1 fanden, bildet das Protein für künftige Therapien bei Krebserkrankungen eine denkbare Zielstruktur.
Dazu zählen in erster Linie massenspektroskopische Untersuchungen, chemische Vernetzungen der Moleküle sowie der Einsatz rekombinanter, mit Methyl-Gruppen modifizierter Chromatin-Moleküle.
Epigenetik, Ernährung, Krebs – diese Zusammenhänge sind wichtig
Auch die Nahrung hat im Zusammenspiel mit einer epigenetisch bedingten Krebserkrankung einen vergleichsweise hohen Stellenwert.
Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lassen sich mehr als 30 Prozent aller Krebserkrankungen durch eine ausgewogene und gesunde Ernährung verhindern beziehungsweise vermeiden. Über epigenetisch gestaltete Modifikationen beeinflussen Ernährungsfaktoren nahezu jeden Schritt der so bezeichneten Kanzerogenese.
Diese ist dafür verantwortlich, die Genaktivität zu regulieren. Das gelingt ihr, indem sie die Lesbarkeit von Genabschnitten verhindert und im umgekehrten Fall ermöglicht.
Zielstrukturen dieser Art bezeichnen Wissenschaftler und Mediziner als hervorragende Ansatzpunkte für epigenetisch ausgerichteten Therapieverfahren. Entsprechende Verfahren kommen besonders häufig, zum Beispiel bei akuten Leukämien zum Einsatz.
Epi-Food bringt immer eine gesunde Alternative auf den Teller
Basis einer entsprechenden Ernährung stellt in erster Linie der konsequente Verzicht auf insgesamt drei Nahrungsmittelgruppen dar: Kuhmilch, Weizenmehl, Zucker und sämtliche daraus hergestellte Lebensmittel. Daher verzichtet diese Ernährungsform auch auf Pasta, Quark, Joghurt, Gebäck, gezuckerte Nachspeisen, Sahnesoßen und Kuhmilchkäse.
Du musst aber nicht grundsätzlich auf einen cremigen Geschmack, Deine geliebte Pasta oder Süßes verzichten. Das so bezeichnete Epi-Food bietet Dir für Kuhmilch, Weizenmehl und Zucker ein breites Spektrum an Alternativen und Rezept-Varianten.
Buchweizen, Dinkelmehl oder Quinoa ersetzen zum Beispiel das klassische Weizenmehl. An die Stelle von Zucker rücken gesunde Süßungsalternativen wie Kokosblütenzucker und Xylit.
Zum Backen nutzt Du dann einfach dickflüssigere Naturprodukte. Besonders empfehlenswert sind in diesem Fall Ahornsirup oder Honig. Als Ersatz für die klassische Kuhmilch bieten sich vorzugsweise Reis-, Soja-, Haselnuss- oder Mandelmilch an.
Diese Varianten sind nicht nur deutlich gesünder, sondern überzeugen auch mit einer besseren Verträglichkeit. Im Fachhandel findest Du diesbezüglich ein stetig wachsendes Spektrum an Koch- und Backbüchern mit vielen verschiedenen Epi-Food-Rezepten.
Stellst Du Deine Ernährung auf Epi-Food um, betreibst Du quasi direkte Krebsprävention. Und nicht nur das: Forscher konnte zudem nachweisen, dass viele Nährstoffe im Epi-Food der Zellalterung vorbeugen und die sogenannten Telomere (Endstücke der DNA) positiv beeinflussen. Diese Telomere sind die Schlüsselkomponenten im Hinblick auf ein erfolgreiches Anti-Aging.
Zu den wichtigsten Nährstoffen im Epi-Food zählen neben den Vitaminen B, C, E, D sowie K vor allem Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien (Flavinoide, Selen).
Da im Gegensatz zu Kuhmilchprodukten, weißem Zucker und Weizenmehl das Epi-Food auch keine Unverträglichkeiten rund um Hautirritationen und Stoffwechselstörungen hervorruft, stellt Ernährung auf epigenetischer Basis in verschiedener Hinsicht eine sehr gute Lösung dar.
Auch andere Krankheiten können die Epigenetik beeinflussen
Aber nicht nur Krebs, auch andere Krankheiten können die Epigenetik beeinflussen. Dies gilt zum Beispiel für Asthma bronchiale, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Diabetes mellitus. Erste Studien dokumentieren diesbezüglich Hinweise auf fehlerhafte Mechanismen.
Beispiel Asthma: Die Betroffenen weisen in diesem Fall eine erhöhte Aktivität des Enzyms Histonacetylase (HAT) auf. Im Gegensatz zu den so bezeichneten Histondeacetylasen (HDAC) sind Histonacetylasen auch für die Anheftung einer Acetylgruppe (Acetylierung) verantwortlich.
Vermutlich führt eine erhöhte HAT-Aktivität zu einer verstärkten Aktivierung von an Asthma beteiligten Entzündungsgenen.
Demgegenüber liegt bei COPD eine reduzierte Aktivität des Enzyms HDAC2 (Histone Deacetylase 2) vor. Dabei kommt es zu einer Korrelation zwischen dem Krankheits- und Entzündungsstatus bei COPD-Patienten und der verringerten Aktivität des Enzyms in Bronchial- und Immunzellen sowie Lungengewebe.
Auch Traumata können zu einer epigenetisch bedingten Vererbung führen
Gleiches gilt für Depressionen. Diese treten zwar gehäuft in Familien auf, lassen sich aus medizinischer Sicht aber nur zu einem eher geringen Teil auf genetische Unterschiede zurückführen. Aus diesem Grund tritt an dieser Stelle die epigenetisch bedingte Vererbung zunehmend in den Fokus.
Ganz wichtig in diesem Zusammenhang: Auch Traumata führen bei Menschen zu epigenetisch bedingten Veränderungen. Das belegt auch die wissenschaftliche Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Alon Chen vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie.